__________________________________________________________________________________________
Am 21. September 2022, 14.00 Uhr bis 15.00 Uhr findet die Abschlussveranstaltung des Projektes "Klimaanpassung in historischen Stadtkernen" statt.
Anmeldungen sind formlos bis zum 16.09.2022 möglich.
Welche Möglichkeiten bieten sich in unseren Fachwerkstädten, um sich für die kommenden klimatischen Veränderungen ausreichend wappnen zu können?
Diese Frage stellt sich die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte im Rahmen ihres Bundesprojekts „Klimaanpassung in historischen Stadtkernen“. In Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedsstädten bündelt die Arbeitsgemeinschaft dabei Ideen und Maßnahmen zur Klimaanpassung in unseren Fachwerkstädten und entwickelt diese fort.
Die Ergebnisse der bisherigen Projektlaufzeit wurden auf der digitalen Weiterbildungsveranstaltung am 24. Februar 2022 vorgestellt. Den über 60 Teilnehmenden wurden die grundsätzlichen baulichen Voraussetzungen unserer Fachwerkstädte dabei nähergebracht. Darauf aufbauend wurden Maßnahmen vorgestellt, wie die modernen grün-blauen Infrastrukturen in mittelalterlichen Stadtkernen effektiv und multifunktional genutzt werden können und welche Maßnahmen auch direkt am Gebäude umgesetzt werden können. Da es sich dabei um oft kostenintensive Maßnahmen für die Städte und auch Hauseigentümern handelt, wurde zudem ein Einblick in die aktuellen Förderprogramme gegeben.
Eine abschließende Diskussion mit Experten und Vertretern aus unseren Mitgliedsstädten zeigte, dass zum Thema Klimaanpassung insgesamt hoher Diskussionsbedarf besteht. Die Individualität und Einzigartigkeit unserer Fachwerkstädte und jedes einzelnen Hauses bedürfen zielgerichtete und individuelle Lösungen – in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und Ansprechpartnern lassen sich eben diese Lösungen aber immer auch finden!
Die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte bündelt in ihrem „Kompetenzzentrum für Klimaschutz“ Informationen zur energetischen Sanierung von Fachwerkgebäuden und –quartieren. Mit dem Weiterbildungsmodul „Klimaanpassung in historischen Stadtkernen“ wird die Arbeitsgemeinschaft im enden Austausch mit ihren Mitgliedsstädten Maßnahmen der Klimaanpassung für Gebäude und Quartiere und eine klimagerechte Neugestaltung öffentlicher Räume und Grünflächen entwickeln und umsetzen. Das Weiterbildungsmodul wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Rahmen der Deutschen Klimaanpassungsstrategie (DAS) unterstützt.
"Das Kompetenzzentrum für Klimaschutz in Fachwerkstädten" (KKF) der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. entwickelt sich weiter. Mit dem neuen Weiterbildungsmodul zur "Klimaanpassung in historischen Stadtkernen" werden die Ergebnisse aus dem KKF-Projekt gebündelt und Maßnahmen der Klimaanpassung für Gebäude und Quartiere erarbeitet und umgesetzt.
Im Rahmen der Auftaktveranstaltung am 9. Dezember 2020 wurde das Weiterbildungsmodul vorgestellt, die Ergebnisse aus dem KKF-Projekt zusammengefasst und ein Ausblick auf Klimaanpassungsmöglichkeiten in historischen Stadtkernen gegeben. Die Präsentation hierzu finden Sie untenstehend.
Ein weiterer (digitaler) Workshop zur ersten Zwischenbilanz des Weiterbildungsmoduls ist für Mai/Juni 2021 geplant.
Wolfhagen, eine Stadt mit 13.500 Einwohnern in Nordhessen ist mit seinen Zielen zur Versorgung der Stadt mit Energie aus Wind und Sonne schon weit vorangekommen. Die Stadt ist eine der fünf Gewinnerstädte "Engergieeffiziente Stadt", hat ein mehrjähriges Forschungsprojekt zum gleichen Thema erfolgreich durchgeführt und generiert aus vier Windkraftanlagen und Photovoltaikparks bereits mehr Strom als sie für den Eigenbedarf benötigt.
Jetzt geht die Stadt einen Schritt weiter und beteiligt sich an dem vom Bundesminsterium für Bildung und Forschung geförderten Verbundforschungsprojekt
"Regionale Innovationen energetischer Biomassennutzung und Governance (KlimalnnoGovernaqnce - KIG)".
Das Projektziel für Wolfhagen ist dabei "Potenziale der Biomasse aller Sektoren erfassen, quantifizieren und qualitativ einordnen (mögliche Rohstoffmengen, Energiemengen, Technologiepfade) und die Verfügbarkeit für die kommunale "Wärmewende" prüfen und vorbereiten."
Neben Wolfhagen gehört zu den kommunalen Verbundpartnern der Verein Energie 2000 e. V. sowie die Städte Felsberg und Hofgeismar und weiter viele Forschungsinstitutionen und regionale und lokale Kooperationspartner.
Der Innenausbau des Musterhauses schreitet weiter voran - mittlerweile ist der Lehmfüllputz aufgetragen, jetzt werden unter anderem der Fußbodenaufbau und die Wärmedämmung in Angriff genommen. Bisher noch nicht sichtbar ist die Arbeit an der Ausstellung, die im Musterhaus zu sehen sein wird.
Nachdem ein Gestaltungsbüro gefunden wurde, wird nun die Einrichtung des Musterhauses geplant. Das Kunststück wird dabei sein, dass es beim Betreten des Hauses so aussehen soll, als würde man in ein normales bewohntes Haus kommen – also etwa Freunde besuchen, die umgezogen sind und erstmals zum Besuch einladen. Die Besucher sollen zunächst von der Architektur und den Räumen überrascht sein und am liebsten selbst einziehen wollen. Erst auf den zweiten Blick wird erkennbar, dass es zu verschiedenen Themen Wissenswertes zu entdecken gibt.
Themen werden unter anderem Energieeffizienz, Materialwahl und -aufbauten, fachgerechte Fachwerkreparatur oder Baufinanzierung sein. Die Inhalte richten sich an verschiedene Zielgruppen, vom Besucher des Freilichtmuseums Hessenpark über Fachwerkhauseigentümer, Kaufinteressenten und kommunale Entscheidungsträger bis hin zu Fachplanern, Handwerkern und Architekten. Das Musterhaus ist damit das gebaute Zentrum des Kompetenzzentrums für Klimaschutz in Fachwerkstädten und kann als Ort für Beratungen fungieren.
Schiltach ist eine reizvolle Fachwerkstadt im Schwarzwald. Die steilen Hänge, auf denen die Stadt liegt - mit enormen Höhenunterschieden innerhalb der Stadt - sind eine besondere Herausforderung für alle Planungen, so auch für eine zentrale Energieversorgung.
Angedacht sind zwei Nahwärmeversorgungsnetze auf jeweils etwa gleichem Höhenniveau. Ein Projekt umfasst dabei das Rathaus mit der Schenkenzeller Straße und den Marktplatz. Für das Rathaus stehen Erweiterungen an. Die Heizzentrale des Rathauses wird dabei ebenfalls erweitert. Im Rahmen des Projektes einer zentralen Energieversorgung würde diese Heizzentrale so groß ausgelegt, dass für die Anlieger der Schenkenzeller Straße und des Marktplatzes Anschlussmöglichkeiten bestehen.
Zu den Zielen für die Verbesserung des Quartiers gehört auch eine Verminderung der Barrieren durch das sehr ungleiche historische Pflaster. Hier sollen Bahnen (Streifen) mit einem ebenen Pflasterbelag - in Verbindung mit den Tiefbauarbeiten für das Nahwärmeversorgungsnetz - gepflastert werden. Dieses Pflaster muss gut begehbar, für Rollatoren geeignet sein und darf dabei das historische Straßenbild nicht stören oder unterbrechen. Größere Musterflächen sind dazu bereits in der Schenkenzeller Straße angelegt.
Ein zweites Nahwärmeversorgungsnetz könnte parallel zum Unterlauf des Flusses Schiltach, der in der Stadt in die Kinzig mündet, liegen. Diese Maßnahme ließe sich gut mit wünschenswerten Sanierungsmaßnahmen kombinieren, wenn entsprechende Maßnahmen realisiert werden können.
Im Rahmen des Projekts Kompetenzzentrum für Klimaschutz in Fachwerkstädten wurde mit dem Weiterbildungsmodul "Klimaschutz in Fachwerkstädten" ein weiteres Instrument für die Sensibilisierung, Weiterbildung und den Austausch von Wissen und Erfahrungen entwickelt.
Das Angebot besteht aus einer Reihe von Webinaren und Seminarblöcken. Ansatz dazu war das neue, leicht zugängliche Vermittlungsformat der Webinare mit der Möglichkeit, viele Nutzer individuell anzusprechen.
Ein Kurs besteht aus den acht Webinaren mit aufeinanderfolgenden, jeweils abgeschlossenen Themen, einem halb- oder eineinhalbtägigen Seminarblock im Musterhaus im Hessenpark oder in einer der Modellstädte Bleicherode, Wolfhagen, Hann. Münden oder Schiltach.
Laura Plugge
Schon bei der Ankunft in Bleicherode zum Fachwerkfest 2019 zeigte sich die Stadt in einem neuen Bild: Aus mehreren Leerständen in der historischen Altstadt, die noch vor wenigen Jahren bestanden, sind sanierte und wiederbelebte Fachwerkgebäude geworden. Daneben reihen sich ebenso viele Häuser, die aktuell saniert werden und in naher Zukunft ebenfalls attraktiven Wohn- und Lebensraum bieten. Doch auch weiterhin bestehen Leerstände und Handlungsbedarfe. Welche Mittel und Wege Bleicherode zur Reaktivierung ihrer historischen Altstadt bereits begeht und welche Potentiale noch gegeben sind, stellte Bürgermeister Frank Rostek auf dem ersten Fachwerkfest am 23. Oktober 2019 in Bleicherode vor.
Der Bürgermeister begrüßte seine Gäste im Kulturhaus und Bürgerhof der Stadt, selbst ein erst kürzlich fertiggestelltes Sanierungsprojekt und mittlerweile bürgerschaftlich organisiert und verwaltet. Allem voran begrüßte er als besonderen Gast Frau Birgit Keller, thüringische Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft. „Ich kenne die Sorgen und Nöte in der Region“ betont Frau Keller und freut sich sehr über die Aktivitäten und die positive Entwicklung der Stadt. Und sowohl Frank Rostek als auch Birgit Keller sind sich einig: es bedarf eine enge Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Land, um langfristig eine solide Entwicklung und den Erhalt des Fachwerks als historisches Kulturgut garantieren zu können.
Ohne viele Worte lud er seine Gäste direkt dazu ein, die abgeschlossenen oder noch laufenden Sanierungsvorhaben in der Stadt auf einem Stadtrundgang selbst erleben und erfahren zu können. Und schnell bestätigten sich die Eindrücke von der Ankunft in der Stadt: An jeder Ecke stellte Bürgermeister Rostek ein neues Fachwerkgebäude vor, welches entweder fertig saniert ist oder noch im Bau steckt. Dabei konnte er zu jedem Haus eine Geschichte erzählen – zum Beispiel von den ehemaligen Bewohnern, die die Immobilie aus unterschiedlichsten Gründen nicht sanieren konnten, oder von den Sanierungsphasen, die teilweise nach mehreren Jahren Stillstand wieder ins Laufen gekommen sind, oder auch von Fachwerkgebäuden, die nach dutzenden Jahren Leerstand wiederbelebt werden konnten.
Rostek sieht dabei einen ganz bedeutenden Effekt in der Stadt: „Wenn 1-2 Gerüste stehen, ziehen die nächsten nach“ und betont damit die regelrechte „Ansteckungsgefahr“ bei Sanierungsvorhaben. Besonders erfreulich ist seiner Sicht nach das große Interesse ansässiger Investoren, die sich für die Fachwerkgebäude einsetzen. Zudem ist die Stadt auch den Schritt gegangen, rückwärtige und ruinöse Fachwerkgebäude abzureißen, um Platz für Neubauten zu schaffen, die sich dennoch sehr gut in das historische Bild der Stadt einreihen.
Neben den laufenden Vorhaben, die überwiegend der Schaffung moderner Wohnräume und Ferienunterkünfte dienen, sticht vor allem der Dreiseithof im Zentrum der Altstadt hervor: Hier soll die JugendFachwerkstatt, ein gemeinsames Projekt der Stadt unter anderem mit dem JugendSozialwerk Nordhausen, etabliert werden. Es wird das Ziel verfolgt, verschiedene öffentliche und soziale Einrichtungen in dem Fachwerkensemble zusammenzuführen. Als ein Vorhaben im Rahmen des „Kompetenzzentrum Klimaschutz in Fachwerkstädten“ werden bei der Sanierung besonders klimafreundliche und nachhaltige Baustoffe und Installationen angewendet. So betont Frank Rostek, dass es „längst nachgewiesen ist, dass Wohnen und Leben im Fachwerk gesund und klimafreundlich ist“. Unterstützung erhält die Stadt dabei von der Hochschule in Nordhausen: Dort beschäftigen sich die Studierenden des Master-Studiengangs „Energetisch-Ökologischer Stadtumbau“ im Rahmen eines interdisziplinären Projektes mit dem Dreiseithof und entwickeln ein integriertes Quartierskonzept.
Zurück im Bürgerhof von Bleicherode lobt Michael Krüger von der DSK die solide Grundlagenarbeit der Stadt: Neben einem Integrierten Stadtentwicklungskonzept garantieren das Energetische Quartierskonzept und „Sanierungsfahrpläne“ für einzelne Gebäude eine gute konzeptionelle Basis für die Entwicklung der Stadt. Und bereits erfolgreiche Projekte wie die „Alte Kanzlei“ zeugen von den Möglichkeiten der Stadt und der Bürgerschaft, die konzeptionellen Planungen in die Tat umsetzen zu können.
Wie wichtig das Fachwerk als landschaftsprägende Bauweise nicht nur in Deutschland ist, betont Prof. Manfred Gerner in seiner Rede. Er zeigte zahlreiche Fachwerkbeispiele aus aller Welt, unter anderem in Frankreich, Spanien, Dänemark und Norwegen, aber auch in Russland und Bhutan. Aber auch gute Beispiele, wie Fachwerkgebäude auch heutzutage noch neu errichtet werden und sich an das jeweilige historische Stadtbild anpassen, stellte er vor. So wird der Fachwerkbau auch heute noch international geschätzt und angewendet, doch vor allem in Deutschland prägt das Fachwerk die gesamte Kulturlandschaft.So verfügt auch Bleicherode über ein großes Fachwerkkapital, die Entwicklung jedes Jahrzehnt seit 1700 kann jeweils an einem Fachwerkgebäude ausgemacht werden. „Man darf das Fachwerk dabei nicht als Last ansehen“ betont Prof. Gerner und weist damit auch auf die mit dem Fachwerk verbundenen Handwerksberufe hin, die – wie die Fachwerkhäuser selbst – erhalten und gepflegt werden müssen.
(Foto: Bleicherode_4. Bildunterschrift: Zum Abschluss bedankt sich Bürgermeister Rostek bei Dr. Uwe Ferber, Ministerin Birgit Keller und Prof. Manfred Gerner (v. l. n. r.) für die Erfolge, die er mit den Fachwerktriennalen in den letzten Jahren erreichen konnte. Alle Fotos: Laura Plugge)
Am Ende des Fachwerkfestes steht fest: Es ist schon viel in Bleicherode geschaffen worden! Es ist aber auch noch ein genauso langer Weg, bis alle Vorhaben und Projekte in die Tat umgesetzt werden können. Dennoch ist Frank Rostek zuversichtlich, dass die Stadt diesen Weg erfolgreich begeht und das Fachwerkkapital der Stadt und der Region wieder „schmackhaft“ macht.
Laura Plugge
Kein anderes Thema ist in den aktuellen Medien so präsent wie der Klimaschutz. Ob es sich dabei um die wöchentlichen „Fridays for Future“-Aktionen oder um regelmäßige politische Debatten handelt: der Klimaschutz bedarf dringend der Aufmerksamkeit, damit Maßnahmen ergriffen werden, um langfristig klimafreundlich und ressourcenschonend zu leben, zu arbeiten und zu wohnen. Doch mit der Masse an Medien stumpft die Bevölkerung gegenüber der Thematik auch mehr und mehr ab. Daher ist es wichtig, „das Bewusstsein dauernd wachzuhalten“.
Mit diesen Worten eröffnet Prof. Manfred Gerner den Fachlehrgang zum Projekt „Kompetenzzentrum Klimaschutz in Fachwerkstädten“ am 24. Oktober in Wolfhagen. Im Projekt sollen an fünf Standorten bundeweit Kompetenzzentren entstehen, die aktiven Klimaschutz und nachhaltiges Bauen in unseren historischen Fachwerkstädten zeigen. Zusätzlich sind Weiterbildungsangebote im Aufbau, mit Webinaren und Seminarangeboten soll die breite Bevölkerung zum Thema Klimaschutz in Fachwerkstädten sensibilisiert werden und Möglichkeiten für klimafreundliche Bauweisen an Fachwerkgebäuden kennenlernen.
In seiner Einleitung hält Prof. Gerner fest, dass bereits viele gute Wege begangen worden sind: Der Trend zeigt, dass das Thema Klimaschutz und nachhaltiges Bauen, und auch der Denkmalschutz in den letzten Jahren deutlich an Relevanz gewonnen hat. Viele Vorhaben und Maßnahmen haben ihre Programme um ebendiese Inhalte ergänzt. Zusätzlich wurden zahlreiche neue energieeinsparende Instrumente und nachhaltige Materialien für Bau- und Sanierungsmaßnahmen entwickelt. Doch besteht an vielen Stellen auch noch Handlungsbedarf: so sind schätzungsweise 40 % aller Heizkessel in Deutschland bereits überaltert.
Dr. Swen Klauß von der Universität Kassel nimmt dabei ein Gefälle im Gefüge vom städtischen und ländlichen Raum wahr: Er sieht einen großen Wandlungsbedarf der Maßnahmen und Förderkulissen vor allem in ländlichen Räumen und kleinen Städten, da hier der Großteil der historischen Fachwerkgebäude steht. Hier sollten neue Konzepte entwickelt und umgesetzt werden, eine Förderung des ländlichen Raumes würde auch die Vitalität des Raumes erwecken und einen wichtigen Beitrag für die demographische Entwicklung leisten. Wichtig dabei ist eine enge Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und der Bürgerschaft, so können nur langfristig angelegte partizipative Maßnahmen eine Veränderung garantieren. Dabei sollte der Blick über den Tellerrand hinausgehen, bereits erfolgreich umgesetzte Vorhaben in anderen Städten und Kommunen sollten als Vorbild und Grundlage für die eigene Entwicklung dienen, so Dr. Klauß.
Ein herausragendes Vorbild ist dabei die Stadt Wolfhagen selbst: Mit der Gebietsreform 1972 und dem Verlust des Status als Kreisstadt verlor die Stadt nach und nach zahlreiche Institutionen, die Bevölkerungszahlen sanken und die wirtschaftliche Kraft der Stadt nahm ab. Michael Joost, Leiter der Energie und Stadtentwicklung in Wolfhagen, erinnert sich noch gut an die zähen Jahre der Stagnation, aber auch an den Weg zurück zu einer vitalen Stadt. Dabei waren besonders die Vorhaben erfolgreich, bei denen die Stadt und die Bevölkerung Hand in Hand aktiv geworden sind. „Die Kraft der Vielen ist der maßgebende Faktor“, so Michael Joost bei seinem Rückblick auf die vergangenen Jahre. Schmunzelnd fügt er hinzu, dass „Geld allein keine historische Altstadt rettet“, dennoch natürlich auch ein wichtiger Faktor in der Entwicklung ist. Es wurden Anreize geschaffen und von der Bevölkerung angenommen, so schaut die gesamte Stadt nun stolz auf die Ergebnisse der letzten Jahre: Das Forschungsprojekt „Energieeffiziente Stadt“, die Gründung einer eigenen Bürgerenergiegenossenschaft und einer Umweltstiftung, die Einrichtung eines Klimaschutzmanagements und die Teilnahme am Forschungsprojekt „KlimaInnoGovernance“ sind nur ein Bruchteil an Maßnahmen, die die Stadt in den letzten Jahren ergriffen hat oder auch jetzt noch bearbeitet. Weitere Maßnahmen für seine Stadt, aber auch für jede andere Kommune sieht Michael Joost nun vor allem in der Schaffung vieler einzelner, wenn auch kleiner Innovationen: Als ein Beispiel nennt er hier Alternativen für den innerstädtischen motorisierten Individualverkehr, so sollten neue Konzepte für Fußgänger und Radfahrer geschaffen werden, die, langfristig gedacht, den motorisierten Verkehr in den historischen Stadtkernen weitestgehend ablösen.
Timo Kuhrau, Projektbearbeiter im Vorhaben „KlimaInnoGovernance“ in Wolfhagen sieht zudem den landwirtschaftlichen Sektor an einem wichtigen Hebel zur Produktion nachhaltiger Energiemasse. Für ihn stellt die Herstellung von Biomasse als Energieträger eine wichtige Maßnahme dar, die viel mehr Beachtung bedarf. Eine Umsetzung kann jedoch nur stattfinden, wenn die bestehenden (technischen) Modelle Akzeptanz in der breiten Bevölkerung finden, so Timo Kuhrau. Nahwärmekonzepte nicht nur in kleinen Fachwerkquartieren bedürfen innovativer Betreiberformen und einer Technologieoffenheit, die zunächst noch von der Bevölkerung angenommen werden müssen.
Eine weitere vorbildliche Maßnahme entwickelt das Freilichtmuseum Hessenpark in Neu-Anspach: Mit dem Aufbau eines Musterhauses als Zentrum des Pojektes „kompenzzentrum…“ will der Hessenpark „Lust auf Wohnen im Fachwerk schaffen“, so Elke Ungeheuer. Im Hessenpark werden historische Fachwerkimmobilien mit modernen Bautechniken konfrontiert, das Musterhaus mit einem „Raum der offenen Bauteile“ soll zeigen, dass Historisches und Modernes keinen Widerspruch darstellen.
Zusammenfassend sieht Prof. Manfred Gerner viele positive Beispiele für ein nachhaltiges Leben in unseren historischen Fachwerkstädten. Zur Frage, wie das Wissen, das bereits vorhanden ist, unter die Leute bringen zu können, soll das Projekt „Kompetenzzentrum Klimaschutz in Fachwerkstädten“ einen wichtigen Beitrag leisten. Das Projektzentrum im Hessenpark bezeichnet er dafür als eine sehr gute Lösung, da hier bereits viele Menschen erreicht werden. Die vier deutschlandweit verteilten Standorte in Wolfhagen, Bleicherode, Schiltach und Hann. Münden dienen zusätzlich der Generierung und Streuung des Wissens. Alle zusammen haben das Ziel, den Klimaschutz in unseren Fachwerkstädten dauerhaft zu einem wichtigen Thema zu machen.
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundvorhabens: „Regionale Innovationen energetischer Massennutzung und Governance (KlimaInnoGovernance)“ arbeitet Wolfhagen intensiv an Lösungen zur Nutzung der Potenziale aus Biomasse für Quartiersnutzungen. Bei der Herausforderung, die Energiewende auf lokaler und regionaler Ebene mitzugestalten, werden Möglichkeiten sondiert, bislang nicht verwendete Biomasse auf kommunaler Ebene einzusetzen.
Projektziel:
„Potenziale der Biomasse aller Sektoren in Wolfhagen erfassen, quantifizieren und qualitativ einordnen (mögliche Rohstoffmengen, Energiemengen, Technologiepfade) und die Verfügbarkeit für die kommunale „Wärmewende“ prüfen und vorbereiten“
Der Projektverbund besteht aus den Kommunen
· Felsberg,
· Hofgeismar und
· Wolfhagen
und den Projektpartnern
· Energie 2000 e. V. – Energieagentur im Landkreis Kassel
· Universität Bremen – artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit
· Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (ITZ Berlin)
· Europa-Universität Flensburg
Darüber hinaus bestehen Kooperationsvereinbarungen mit
· Regionalen Maschinenringen
· Abfallentsorgern
· Kreisbauernverbänden
· Einrichtungen der Landkreise
· industriellen Wärmeproduzenten
Weitere über Unteraufträge eingebundene Projektpartner sind:
· EuRegPro eG – Genossenschaft zur Entwicklung und Betreuung integrativer Regionalprojekte
im EU-Raum
· KEEA – Klima und Energieeffizienz Agentur, Kassel
· Universität für Bodenkultur Wien
Das Verbundprojekt startete 2018 und hat eine Laufzeit von 3 Jahren.
In Wolfhagen sind bisher Zwischenergebnisse zu den Themen Biomassepotenziale, Ökonomische Potenziale, Nahwärmebedingungen und Saisonale Aspekte erzielt worden. In Arbeit ist die Bewertung der Potenziale, d. h. insbesondere zu den Aspekten Nutzungskonflikte, Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und Konkurrenzsituationen.
Als Ansprechpartner der Stadt Wolfhagen und zuständig für die dortige Projektbearbeitung steht Ihnen Herr Dipl.-Ing. Agrar Timo Kuhrau, in der Abt. Energie und Stadtentwicklung zur Verfügung. Kontaktmöglichkeiten: Tel.: +49-5692602322, Fax: +49-569260277322, timo.kuhrau@wolfhagen.de, www.wolfhagen.de
Prof. Manfred Gerner
Auch mit dem zweiten Teil unseres BMU geförderten Projekts „Kompetenzzentrum für Klimaschutz in Fachwerkstädten“, der Einbindung von Quartieren in vier Modellstädten aus den Bundesländern Hessen, Thüringen, Niedersachsen und Baden-Württemberg haben wir die Nase vorn. Lange bevor die Quartiersentwicklung sich zu einem Trend entwickelt hat, haben wir das Quartier in den Vordergrund gestellt. Quartierssanierung erscheint deutlich als Lösungsansatz für den Klimawandel bei der historischen Bausubstanz.
Anlässlich der Verabschiedung des Kursbuches zur energetischen Gebäudesanierung des Deutschen Verbands für Wohnungswesen formulierte der Präsident Michael Groschek: „Das Quartier muss der Nukleus einer großen Klimaschutzperspektive werden. Nicht das einzelne Gebäude muss als Dämmobjekt ein Maximum an CO2 einsparen, sondern das komplette Quartier. Das sollte technologieoffen geschehen, orientiert am Preis-Leistungsverhältnis. Mit Maßnahmen wie Sektorkopplung, Zwischenspeicherung und nachhaltigen Mobilitätslösungen lassen sich im Quartier energetische Modernisierungen optimal verbinden mit einer klimaneutralen Energieversorgung. Der Kurswechsel vom Leuchtturmobjekt im Neubau hin zu Sanierungsoffensive im Altbau ist überfällig.“ Dabei beschwor der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Florian Pronold die Notwendigkeit zum schnellen Handeln: „Alle müssen sich aus ihren Schützengräben rausbewegen!“ Dies betonte auch der Ludwigsburger Oberbürgermeister und Leiter der AG Energie, Werner Spec: Wenn wir so weitermachen wie bisher, schaffen wir das hinten und vorne nicht.“
In unserem Projekt spielen die vier Modellstädte Bleicherode, Wolfhagen, Schiltach und Hann. Münden mit ihren als Muster herausgestellten Quartieren eine entscheidende Rolle. Erste Ergebnisse wie in Wolfhagen erscheinen vielversprechend.
Prof. Gerner
Anlässlich des politischen Abends des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) unter dem Titel „Raus aus der Sackgasse beim Klimaschutz im Gebäudebestand“ am 10. April in Berlin führte der Präsident des DV Michael Groschek aus „… mehr Technologieoffentheit und eine CO2-Orientierung der energetischen Gebäudeanforderung, eine Stärkung des Quartiers als Handlungsraum zur Kombination von mehr Effizienz und klimafreundlicher Energieversorgung, niedrigschwellige und zielgruppenspezifische Förderanreize sowie eine intensive Beratung und echte Begleitung der Eigentümer mit mehr Wahrhaftigkeit und Klarheit als bisher.“ Groschek traf damit punktgenau die Inhaltsschwerpunkte unseres vom Bundesminsiterium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit geförderten Projektes.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze ging auf die Tagespolitik ein und erläuterte: „Um den Gebäudesektor auf den richtigen Pfad zurückzubringen, habe das erste Klimakabinett am Vormittag beschlossen, noch 2019 einen verbindlichen Rahmen für den Klimaschutz mit einem Maßnahmenmix aller Bundesressourcen zu verabschieden.“ Damit ist unser Projekt in die jetzt deutlich ausgedrückten tagespolitischen Forderungen gerückt und wir freuen uns, im bereits laufenden Projekt einen guten Beitrag zur Lösung der Probleme zu bieten.
Uwe Ferber
Unter Federführung des Freilichtmuseums Hessenpark haben ca. 30 Experten aus Denkmalpflege, Bautechnik und Klimaschutz am 20. März die Konzeption des geplanten Musterhauses besprochen. Jens Scheller und Prof. Manfred Gerner begrüßten die Teilnehmer und stellten den Kontext zum Vorhaben "Kompetenzzentrum Klimaschutz in Fachwerkstädten im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative" vor. Von Seiten der beauftragten Architekten Friedhelm Dütting und Roman Läsker wurden erste Entwürfe des Gebäudes vorgestellt.
Diskutiert wurden die Themen Konstruktion/Holzschutz, energetischer Umgang mti der Gebäudehülle/Haustechnik, Architektur, Entwurf, Ästhetik und Ausstellung im Musterhaus und der Betrieb des Konzernzentrums.
Intensive Diskussionen wurden zur technischen Ausstattung des Musterhauses wie z. B. anhand des Themenbereiches "Belüftung" geführt. Für die Fachwerk Arge stand darüber hinaus das geplante Beitreiberkonzept und die damit verknüpften öffentlichkeitswirksamen Aspekte des Musterhauses im Vordergrund. Zielgruppe sollen sowohl Zufallsbesucher ("Laufkundschaft"), welche das Musterhaus eher aus technischen Gründen aufsuchen, aber auch Hauseigentümer (Alt- und Neubesitzer) sein. Hier kann das Museum eine Multiplikatorfunktion übernehmen. Darüber hinaus wurde das Ansprechen von Fachbesuchern, z. B. Immobilienmaklern und Architekten angeregt.
Das Musterhaus soll sich in die Angebote des Hessenparks integrieren und Veranstaltungen mit kleineren Gruppengrößen, z. B. in Form von Bauherrenseminaren ausrichten. Die Nutzung des Gebäudes für archtekturspezifische Schulprojekte stellt eine weitere Option dar ("Wohnen damals und heute", "Mit Häusern auf Zeitreise"). Die Teilnehmer regten an, das Musterhaus von einem Generalisten betreuen zu lassen und an regelmäßigen Terminen verfügbare "Experten vor Ort" einzusetzen. Diese Experten sollten eine Vermittlerrolle übernehmen und als Multiplikator fungieren, d. h. an Institutionen und Ansprechpartner weiterverweisen. Die Ergebnisse des Workshops werden vom Hessenpark dokumentiert und fließen in die weitren Planungsschritte des Musterhauses ein.
Fulda/Neu-Anspach, den 06. November 2017
Das Projekt „Kompetenzzentrum für Klimaschutz in Fachwerkstädten“ macht Fortschritte. Heute fand in Neu-Anspach der Spatenstich zur Errichtung des Musterhauses statt.
Weitere Informationen entnehmen Sie der Pressemitteilung (PDF ca. 500kb).